Mein Buch Aromatherapie in der häuslichen Pflege (klick hier) feiert seinen ersten Geburtstag und ich möchte mich bei Euch für das tolle Feedback bedanken!!!
Es ist das einzige Buch in dieser Art welches sich an pflegende Angehörige und professionell Pflegende gleichermaßen richtet. Mit vielen praktischen Anwendungsmöglichkeiten, die leicht umzusetzen sind, können Pflegende die ätherischen Öle sicher und verantwortungsvoll anwenden. Ausserdem habe ich ein Kapitel den pflegenden Angehörigen gewidmet, denn die verdienen meinen größten Respekt!
Von unseren fünf Sinnen ist der Geruchssinn sicher derjenige, der den besten Eindruck der Unsterblichkeit vermittelt. (Salvatore Dali)
Gerade wenn aus medizinischer Sicht „nichts oder nur noch wenig getan“ werden kann, gibt es für Pflegende im Hospiz und auf Palliativ Stationen noch viel zu tun!
Hier kann mit Aromapflege ein wertvoller Beitrag für Patienten geleistet werden.
Unter dem Begriff „Aromapflege“ versteht man den fachkundigen Einsatz ätherischer Öle, naturbelassener Pflanzenöle, Hydrolate und deren Produkte in der Gesundheits- und Krankenpflege. Sie dient in der Palliativpflege dem Wohlbefinden, sowie der Linderung von pflegerelevanten Beschwerden. Der Begriff Aromapflege entwickelte sich aus dem Begriff Aromatherapie und wird im Pflegeberuf benutzt. Hierbei handelt sich um eine komplementäre Pflegemethode als Teil der Pflanzenheilkunde.
Die individuellen Pflegeprobleme werden genau beobachtet und im Sinne des Bewohners im Pflegeprozess sowie in der Pflegediagnose umgesetzt. Bei der Aromapflege erfolgt die Anwendung der ätherischen Öle über den Geruchssinn und die intakte Haut. Die Aromapflege umfasst pflegerische und prophylaktische Maßnahmen. Diese Maßnahmen werden im Rahmen des Pflegeprozesses regelmäßig evaluiert und auf ihren Erfolg hin überprüft. Der Mensch mit seinen individuellen Bedürfnissen steht dabei immer im Mittelpunkt der Überlegungen!
Was wir im Hospiz und auf Palliativ-Stationen erreichen möchten hat die Gründerin der modernen Hospizbewegung Cicely Saunders etwa so formuliert:
„Sie (die Sterbenden) sind wichtig, weil sie eben sind, Sie sind bis zu ihrem letzten Augenblick ihres Lebens wichtig, und wir werden alles tun, damit sie nicht nur in Frieden sterben, sondern auch bis zuletzt leben können.“
Im Hospiz und auf Palliativ-Stationen finden wir eine ganzheitliche und sehr individuelle Pflege vor, welche sich besonders nach den Bedürfnissen der Sterbenden richtet. Die Aromapflege kann nicht nur in den Pflegealltag von professionell Pflegenden integriert werden, auch Angehörige werden angeleitet z.B. kleine Einreibungen zu machen, oder die Mundpflege durchzuführen. So fühlen sie sich weniger hilflos und haben das Gefühl „etwas tun zu können“. Dies wird meist sehr dankbar angenommen.
Die Aromapflege im Hospiz und auf Palliativ-Stationen kann in vielen Bereichen eingesetzt werden:
• Hautpflege
• Waschungen und Bäder
• prophylaktische Hautpflege
• Mundpflege
• bei Unruhe und Angstzuständen
• begleitend zur Schmerztherapie
• zur psychischen Begleitung
• zur Bekämpfung von unangenehmen Gerüchen
• bei Abgeschlagenheit und Schwächegefühl
• geschwollene Extremitäten
• und vielem mehr
Im persönlichen Gespräch mit den Patienten oder Angehörigen können Duftvorlieben und Duftabneigungen besprochen werden. Die Wünsche des Patienten werden so in der Auswahl der ätherischen Öle für Körperpflegemischungen berücksichtigt.
Auch im Flurbereich auf Palliativstationen oder im Hospiz kann eine besondere Atmosphäre durch einen angenehmen Raumduft geschaffen werden. Am besten eignen sich hier frische Düfte wie z.B. Orange, Bergamotte oder Nadelbaumdüfte.
In dieser sensiblen Lebensphase ist eine gute Hautpflege unerlässlich. Hierfür werden in der Aromapflege kaltgepresste Pflanzenöle als Basis für Aromapflegemischungen bevorzugt. Sie pflegen die Haut nachhaltig, ohne sie auszutrocknen und die Poren zu verschließen. Eine große Auswahl an Pflanzenölen und ätherischen Ölen steht uns hier zu Verfügung.
Haut-Im-Takt-Öl
50 ml Mandelöl oder Johanniskrautöl
15 Tropfen Lavendel fein (Lavandula angustifolia/vera)
Mischen Sie das ätherische Lavendelöl mit dem Mandelöl in einer Flasche und tragen es auf die betroffenen Hautpartien auf.
Diese Mischung ist vielseitig einsetzbar und wird von den meisten Menschen als sehr angenehm empfunden. Sie pflegt die Haut, beugt Irritationen vor und wirkt zudem ausgleichend und entspannend.
Eines der wichtigsten Themen ist die Mundpflege. Sie zählt in der palliativen Pflege zu den wichtigsten pflegerischen Handlungen, wenn Patienten nicht mehr genügend Flüssigkeit zu sich nehmen, meist durch den Mund atmen und keine Nahrung mehr zu sich nehmen. Oft bilden sich dann Beläge und Borken und Mundgeruch oder es entwickeln sich Infektionen als Folge von Chemo- oder Radiotherapie und der Patient leidet unter starken Schmerzen. Als eines der wirkungsvollsten komplementären Aromapflegeangebote gilt hier das Sanddornfruchtfleischöl, gerade bei der sogenannten Mukositis (Entzündung der Mundschleimhaut) wird dieses Pflanzenöl mit gutem Erfolg angewendet.
Um hartnäckige Borken und Beläge zu lösen kann ein Rosenhonig angewendet werden. Dieser wird auf der Mundschleimhaut aufgetragen und sollte kurze Zeit einwirken. Danach lassen sich die Borken meist recht unproblematisch lösen. Diese Mischung kann entzündungshemmend, schleimhautregenerierend, antibakteriell und antimykotisch wirken.
Rosenhonig
50g Honig (nicht zu fest)
1 Eßl. Rosenhydrolat (z.B. WADI)
Den Honig mit dem Rosenhydrolat in einem Schälchen mischen und auf die Mundschleimhaut vorsichtig auftragen.
Gerade bei der Mundpflege sollte unbedingt der persönliche Geschmack der Patienten berücksichtigt werden, da es sonst zu Abwehrreaktionen oder gar Verweigerung der Mundpflege kommen kann. Die Mundpflege ist die sensibelste Pflege überhaupt, welche von persönlichen Geschmackserlebnissen, Vorlieben und Abneigungen besonders abhängig ist. Eine große Auswahl an Pflanzenölen wie z.B. Oliven-, Sesam- oder Sonnenblumenöl, sowie Kokosfett oder auf Wunsch auch Butter und Honig stehen uns hier zu Verfügung. Diese können mit oder auch ohne ätherische Öle verwendet werden.
Zu einer der häufigsten Nebenwirkungen der Chemotherapie zählt die Übelkeit, oft ist diese Verbunden mit Geruchsempfindlichkeit, einer Veränderung des Geschmacks und Appetitlosigkeit. Ätherische Öle können hier direkt auf den Gastrointestinaltrakt und auf das zentrale Nervensystem Einfluss nehmen.
So konnte in mehreren Studien gezeigt werden, dass ätherisches Pfefferminzöl gleichwertig antiemetische Wirkung besitzt wie Metoclopramid oder Ondansetron (lt. Leicester, Hunt, 1982, McKenzie, Gellacher, 1989, Franchomme,1980, Figuenick, 1998, Tate 1997).
Eine wirklich einfache Anwendung ist das Riechsalz.
Einfaches Kochsalz in ein Döschen geben (z.B. Medi-Becher mit Deckel), jeweils 1 Tropfen folgender ätherischer Öle:
Pfefferminze (Mentha piperita),
Zitrone (Citrus limon) und
Limette (Citrus aurantifolia) auf das Salz tropfen und mit geschlossenem Deckel gut verschütteln.
Der Patient kann nun bei Bedarf daran riechen. Bei dementen Patienten empfehle ich statt Salz auf Zucker im Riechdöschen zu verwenden.
Ein weiteres großes Thema ist der Schmerz. Hier bietet die Aromapflege eine wertvolle Unterstützung als komplementäre Möglichkeit begleitend zur Schulmedizin. Dadurch können z.B. Analgetika schneller wirken und evtl. geringer dosiert werden. Zudem hat man bei der Auswahl der ätherischen Öle die Möglichkeit die psychische Befindlichkeit des Patienten mit zu berücksichtigen, da sich Schmerzen auch auf den Gemütszustand der Patienten auswirken können.
Relax-Öl
50ml Johanniskrautmazerat (Hypericum perforatum)
8 Tropfen Tonka (Dipteryx odorata)
4 Tropfen Cajeput (Melaleuca cajeputi L.)
4 Tropfen Orange (Citrus sinensis)
2 Tropfen Zeder (Cedrus atlantica)
2 Tropfen Lavendel fein (Lavandula angustifolia/vera)
Viele palliative Patienten leiden unter Ängsten. Der Begriff Angst ist verwandt mit lateinischen angustus bzw. angustia, was soviel wie „Enge, Beengung, Bedrängnis“ bedeutet. Ätherische Öle haben einen direkten Zugang zum limbischen System welches auch als „Duftgedächtnis“ bezeichnet werden kann. Dort werden bestimmte Botenstoffe wie z.B. Seretonin, Endorphine oder Adrenalin ausgeschüttet, welche direkten Einfluss auf unsere Emotionen haben. Bei Ängste kann der Einsatz ätherischer Öle in der Duftlampe, im Bad, im Massageöl oder als Ölkompresse sehr hilfreich sein:
• Mandarine rot (Citrus reticulata) – beruhigend, angstlösend
• Melisse (Melissa officinalis) – beruhigend, angstlösend
• Neroli (Citrus aurantium) – auch als Notfallöl (aromatische Rescue Tropfen) bekannt
• Benzoe (Styrax tonkinensis) – einhüllend, vermittelt Geborgenheit
• Tonka (Dipteryx odorata) – s.Benzoe
• Vanille (Vanilla fragrans L.) – s. Benzoe
• Lavendel (Lavandula angustifolia/vera) – beruhigend, schlaffördernd
• Kamille römisch (Chamaemelum nobile) – beruhigend
• Zeder (Cedrus atlantica) – stärkend, mutmachend
• Weihrauch (Boswellia sacra) – beruhigend
Ölkompresse bei Ängsten
1 Eßl. Pflanzenöl z.B. Olivenöl
2 Tropfen ätherisches Öl nach Wahl (siehe oben)
Die Ölkompresse kann zwischen zwei Wärmflaschen auch angewärmt werden und wird auf dem Solarplexus aufgelegt.
Die Auswahl der ätherischen Öle sollte der Patient treffen.
Dieser Artikel gibt Ihnen einen kleinen Einblick der aromapflegerischen Möglichkeiten in der palliativen Pflege. Ätherische Öle können sowohl körperliche Beschwerden lindern, haben aber auch Einfluss auf unser psychisches Wohlbefinden. Wichtig bei der Auswahl der ätherischen Öle, der Pflanzenöle und Hydrolate ist die Qualität der Produkte. Hier sollten Sie sich genau informieren und bei namenhaften Firmen einkaufen.
Außerdem sollten eigene Mischungen nur mit Sachkenntnis oder mit Hilfe von Fachliteratur hergestellt werden, denn bei der Dosierung ätherischer Öle gilt: „Weniger ist mehr!“
Anwendungsarten wie z.B. Wundbehandlung obliegen der Anordnung des Arztes und gehört in den Bereich Aromatherapie!!!
Diese Artikel ersetzt keinen Arztbesuch! Es wird Ihnen lediglich ein Überblick über die Anwendung der Aromapflege gegeben, es soll aber keine Behandlungsanleitung sein. Die Verfasserin lehnt deshalb jede Haftung für etwaige Folgen von Behandlungsversuchen ab.
Seminarhinweis:
Aromapflege im Hospiz und in der Palliativpflege (klick hier)
Workshop „praktische palliative Aromapflege“ (klick hier)
Workshop „praktische onkologische Aromapflege“ (klick hier)
Literatur und Quellennachweis:
Aromatherapie in der häuslichen Pflege von Sabrina Herber, Joy Verlag (klick hier)
Basics Ätherische Öle von Sabrina Herber, Joy Verlag (klick hier)
Aromatherapie von Dietrich Wabner/Christiane Beier, Elsevier Verlag
Praxis Aromatherapie von Monika Werner/Ruth von Braunschweig, Haug Verlag
Aromatherapie für Pflege und Heilberufe von Eliane Zimmermann, Sonntag Verlag
Seminarunterlagen ViVere Schule für Aromatherapie und Aromapflege, Sabrina Herber
Ich interessiere mich sehr für die Aromapflege. Ich bin derzeit in einer Praxis für Schmerztherapie und wie Sie bereits erwähnen, kann man das begleitend dazu in Erwägung ziehen. Ich werde dies mit meinem Arzt besprechen, vielen Dank!
Wir erwägen derzeit ein Alterheim für meine Großtante zu kontaktieren. Wie Sie bereits sagen, kann man in der Pflege auch auf die Aromatherapie setzen. Der fachkundige Einsatz ätherischer Öle würde meiner Großtante sicherlich gefallen. Vielen Dank für die Infos und Anregungen dazu!